Produkte auf Basis des Raspberry Pi: Für Automatisierung und mehr - Hardware - Elektroniknet

2023-02-28 13:52:30 By : Mr. Troy Sun

Seit vor gut zehn Jahren das erste Raspberry-Pi-Board erschien, hat sich das Produktportfolio von Raspberry Pi stark erweitert. Hiervon profitiert inzwischen auch die Industrie, denn die Raspberry-Pi-Plattform wird in zahlreiche Industrie-Produkte integriert.

Vor zehn Jahren kam der erste Rasp­berry Pi auf den Markt. Seitdem wurden weltweit über 40 Mio. des Single-Board-Computers (SBC) verkauft. Bis heute gab es vier Generationen des Raspberry Pis. Im Jahr 2021 erschien mit dem »RP2040« der erste dedizierte Raspberry-Pi-Mikrocontroller (MCU) – ein neuer Schritt in der Entwicklung. Vorrangiges Ziel der Raspberry Pi Foundation ist es, die Bildung von Erwachsenen und Jugendlichen zu fördern, insbesondere im Bereich Computer, Informatik und verwandter Themen. Die Leistungsfähigkeit, Flexibilität und Erschwinglichkeit der Plattform, gepaart mit der Tatsache, dass Rasp­berry Pi in einem Open-Source-Ökosystem betrieben wird, macht ihn für kommerzielle Anwendungen zunehmend attraktiv. Hierzu zählen Automatisierungs- und Steuerungssysteme, für die es eine wachsende Zahl Raspberry-Pi-basierter Alternativen zu herkömmlichen geschlossenen, proprietären Applikationen gibt. Sfera Labs integriert den Raspberry Pi in offene I/O- und Sensor-Hardware, um neue Automatisierungs- und Steuerungsanwendungen schnell zu entwickeln und bereitzustellen.

Allied Market Research [1] schätzt den weltweiten Markt für Automatisierung und Steuerung im Jahr 2020 auf 329,62 Mrd. US-Dollar. Er soll bis 2030 auf 845,15 Mrd. US-Dollar klettern, was einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum (CAGR) von 10,7 Prozent zwischen 2021 und 2030 entspricht. Ein Teil des Wachstums kommt aus dem Industriesektor, getrieben durch Industrie 4.0 und das Industrial Internet of Things (IIoT). Ein anderer Teil ergibt sich aus dem verstärkten Einsatz »intelligenter« Automatisierung für Beleuchtung, Umgebungssteuerung, Sicherheit sowie Schutz in Gewerbe-, Einzelhandels- und Wohngebäuden. Der herkömmliche Ansatz, Automatisierungs- und Steuerungssysteme für industrielle und kommerzielle Applikationen bereitzustellen, basiert auf proprietären Sensor-, Überwachungs- und Managementsystemen von einem einzigen Hersteller oder einer begrenzten Anzahl von Anbietern. Grund dafür ist, dass die Hersteller in der Vergangenheit ihre eigenen Technologien entwickelt und damit »geschlossene« Systeme schufen. Sie banden die Kunden an die Hardware und Software des Anbieters und verhinderten die Integration mit Geräten oder Technologien anderer Unternehmen. Zwar gibt es immer noch eine Reihe großer Unternehmen, die weiterhin proprietäre Systeme vermarkten, doch in den vergangenen Jahren hat sich ein deutlicher Wandel hin zu offenen Systemen vollzogen. Ein offener Ansatz beim Entwickeln von Automatisierungs- und Steuerungssystemen bietet zahlreiche Vorteile. Nicht zuletzt die Flexibilität, die am besten geeignete und modernste Technik für eine bestimmte Anwendung auswählen zu können. Systeme, die auf offenen und interoperablen Technologien basieren, führen zudem zu kürzeren Entwicklungszeiten, da die Systemarchitekten bereits mit Programmiersprachen und Protokollen vertraut sind und mehr externe Entwicklungsunterstützung bereitsteht. Außerdem bieten offene Plattformen Kostenvorteile gegenüber proprietären Alternativen und sie schützen Investi­tionen, indem sie die Systeme für Wachstum und Skalierbarkeit zukunftssicher machen – zumal sich offene Plattformen in der Regel schneller weiterentwickeln als geschlossene.

In den vergangenen Jahren bestand einer der Trends beim Aufbau offener Automatisierungs- und Steuerungsarchitekturen darin, die Architekturen auf Open-Source-Embedded-Plattformen aufzubauen. Weil sie Teil eines erweiterten Ökosystems von Tools, Referenzdesigns und Community-Support sind und von einer großen Zahl von Entwicklern leicht verstanden werden, tragen die Plattformen dazu bei, Entwicklungszeit und -kosten zu re­duzieren. Eine Plattform, die sich hierbei zunehmend in Automatisierungs- und Steuerungssystemen findet, ist die Rechnerplattform Raspberry Pi.

Die erste Generation des Raspberry Pi SBC wurde im Februar 2012 vorgestellt. Seitdem wurden weltweit über 40 Mio. Stück verkauft. Aktuelles Modell ist der Raspberry Pi der vierten Generation, der auf dem System-on-Chip (SoC) »BCM2711« von Broadcom mit einem Arm-Cortex-A72-Prozessor mit 64 Bit und Vier-Kern-Technik basiert. Er bietet bis zu 8 GB RAM, verfügt über Gigabit-Ethernet- und USB-Anschlüsse und unterstützt zwei 4K-Monitore über Micro-HDMI-Schnittstellen. Trotzdem liegt der Einstiegspreis für den SBC bei weniger als 50 US-Dollar.

Aber die Geschichte dreht sich nicht mehr nur um die SBCs. Im April 2014 begann die Raspberry Pi Foundation mit dem Angebot von Rechnermodulen (CM, Compute Module) – abgespeckten Versionen des Raspberry Pi in kleinen Formfaktoren. Sie sind speziell auf Embedded-Anwendungen ausgerichtet. Im Juni 2021 kündigte die Organisation den RP2040 (Bild 1) an, ihren ersten Mikrocontroller. Er ist ein bedeutender Schritt in der Entwicklung einer Technologie, die seit 2012 Millionen von Anwendern auf der ganzen Welt kostengünstiges und leicht zugängliches Computing bereitstellt und die charakteristischen Werte des Pi – hohe Leistungsfähigkeit, niedrige Kosten und Benutzerfreundlichkeit – in den Mikrocontroller-Bereich bringt. Die Foundation lässt den RP2040 im 40-nm-Prozess fertigen – er kombiniert hohe Leistungsfähigkeit mit einer niedrigen dynamischen Leistungsaufnahme. Er verfügt über eine Reihe von Stromsparmodi, die einen längeren Betrieb im Batteriebetrieb ermöglichen. Weiterhin basiert er auf einem Dual Arm Cortex-M0+ Core, der mit 133 MHz arbeitet, 264 kB On-Chip SRAM bietet und bis zu 16 MB Off-Chip-Flash-Speicher unterstützt. Zur Peripherie zählen:

Sfera Labs war eines der ersten Unternehmen, das die Möglichkeiten erkannte, die die Raspberry-Pi-Produkte bieten, um Automatisierungs- und Steuerungsanwendungen offener zu gestalten und gleichzeitig die Zeit für Prototyping und Bereitstellung zu verkürzen. Erste Entwicklungen konzentrierten sich auf Funktionen, mit denen Industriekunden die Vorteile des Raspberry Pi schnell nutzen konnten. 2016 kündigte das Unternehmen den »Strato Pi« an, einen Industriecomputer, der einfach zu bedienen und zu­-ver­lässig ist, sich für viele industrielle Steuerungsanwendungen eignet und auf den Standard-Raspberry-Pi-Boards der Serie »Model B« basiert.

Seitdem wurde eine Reihe Pi-basierter Produkte auf den Markt gebracht. Die neueste Version des Strato Pi ist der »Strato Pi CM Duo« (Bild 2), ein Industrieserver, der ein Raspberry Pi Compute Module bis zur Version 4S in einem DIN-Schienengehäuse enthält. Zudem verfügt er über spezielle Funktionen, die eine robuste Hardware-Plattform für Edge Computing beinhalten muss. Häufig kommt das System an abgelegenen, schwer zugänglichen Orten zum Einsatz und muss über lange Zeiträume hinweg betrieben werden. Das erfordert zuverlässige Software- und Firmware-Upgrades vor Ort. Außerdem Funktionen, die gewährleisten, dass sich die Systeme bei potenziellen Hardware- und Softwareproblemen aus der Ferne wiederherstellen lassen. Mit der Kombination von zwei Micro-SD-Card-Steckplätzen sowie einer Hochgeschwindigkeits-Schaltmatrix kann das »Raspberry Pi Compute Module Lite« das Betriebssystem von einer der beiden SD-Karten booten. Gleichzeitig behält es vollen Zugriff auf die andere Karte für zusätzlichen Speicherplatz oder das Speichern eines aktuellen Failover-Images des Betriebssystems und der Daten. Das ist ideal für Remote-Systeme, da sich ein vollständiges Image-Upgrade des Pi-Betriebssystems auf einer SD-Karte durchführen lässt, während das System auf der anderen Karte läuft. Nachdem das neue Image verifiziert wurde, kann der Strato Pi CM Duo das Rechnermodul neu starten und von der zweiten SD-Karte booten. Die gleiche Dual-SD-Kartentechnik findet sich ebenfalls im Industrieserver/SPS-Modul »Iono Pi Max« von Sfera Labs. Es bietet industriellen Anwendern eine Vielzahl von I/Os und Standard-Kommunikationsschnittstellen.

In jüngster Zeit hat Sfera Labs den Mikrocontroller RP2040 für I/O- und Sensormodule übernommen. Das »Iono RP D16« (Bild 3) zielt auf industrielle digitale I/Os ab und integriert die RP2040-MCU zusammen mit 16 digi­talen 24-V-I/Os, einer seriellen RS-485-Schnittstelle und einem Weitbereichs-Stromversorgungseingang von 12 bis 24 V. Ein kompaktes DIN-Schienengehäuse unterstützt die schnelle und einfache Installation in Schaltschränken und Automatisierungssteuerungen.

Das I/O-Frontend des neuen Moduls basiert auf zwei speziellen ICs, die kürzlich von Maxim Integrated eingeführt wurden: dem »MAX22190«, einem IEC-61131-2-konformen industriellen digitalen Eingangsbaustein, und dem »MAX14912«, einem schnellen High-Side-Switch/Push-Pull-Treiber-IC. Jeweils zwei der Bausteine werden kombiniert, um bis zu 16 Leitungen zu ermöglichen, die als Ein- oder Ausgang verwendet werden können. Diese I/Os sind galvanisch von der Logikseite des Iono-RP-D16-Moduls und der RP2040-MCU getrennt. Durch den in die MCU integrierten Schutz und der zusätzlichen, speziell für das Iono RP D16 entwickelten Schutzschaltungen ist das Modul robust und bietet langfristige Betriebssicherheit, selbst unter anspruchsvollen Bedingungen. Mithilfe der RP2040-MCU lässt sich komplexe Embedded-Logik in Software entwickeln, um die Ausgangsschalter mit einer Taktrate von bis zu 200 kHz im Gegentaktmodus anzusteuern. Jeder Ausgang kann einen Laststrom von 640 mA verarbeiten, verfügt über eine Leerlauferkennung und ist gegen Kurzschluss, Überstrom und Rückstrom geschützt. Die Eingänge sind ebenfalls geschützt und verfügen über eine Drahtbrucherkennung. Der Iono RP D16 verfügt über vier stromsparende, digitale GPIOs und kann mit optionalen Funktionen wie einer Echtzeituhr mit Batterie-Back-up und einem Secure-Element-Chip zum Verschlüsseln und sicheren Speichern digitaler Zertifikate ausgestattet werden. Auch ein Erdbebensensor ist erhältlich, der zum Abschalten elek­trischer Lasten oder für andere sicherheitsrelevante Automatisierungsaufgaben bei einem Erdbeben einsetzbar ist.

Für Echtzeit-Sensoranwendungen ist das »Exo Sense RP« (Bild 4), ein Edge-Computing-Multisensor-Modul, entwickelt. Es kombiniert einen kleinen Formfaktor und eine geringe Leistungsaufnahme, die Leistungsfähigkeit und Vielseitigkeit der RP2040-MCU mit einer Reihe von Sensoren in einem Wandgehäuse von 80 mm x 80 mm. Das Modul eignet sich für die Installation in knapp bemessenen Innenräumen und kann als eigenständiges Edge-Computing-Multisensor-Modul betrieben werden. Entwickler können außerdem mehrere RP-Module als ergänzende Satelliteneinheiten für komplexe Exo-Sense-Netzwerke installieren. Standardmäßig integriert das Exo-Sense-RP-Modul Temperatur-, Luftfeuchtigkeits-, Luftqualitäts- (VOC), Licht- und Bewegungssensoren, ein Mikrofon zur Geräuscherkennung und Audioverarbeitung. Zusätzliche, periphere und benutzerdefinierte Sensoren lassen sich über Kommunikationsschnittstellen anschließen. So können Entwickler die Sensorfunktionen in Bereichen wie CO2-Überwachung, Erdbebenerkennung und Vibrationsmessung erweitern. Mit der Standard-Raspberry-Pi-MCU RP2040 als Core-Prozessor lassen sich das Iono RP D16 als auch das Exo Sense RP in C/C++ und MicroPython programmieren und werden von mehreren IDEs unterstützt, darunter Visual Studio Code und die Arduino IDE. Sfera Labs vereinfacht das Entwickeln der Software per Drag-and-Drop-Programmierung mit Massenspeicher über USB und On-Chip-Bootloader. Alle für den RP2040 verfügbaren Programmierressourcen, Tools, Beispiele, der umfangreiche Community-Support sowie die von Sfera Labs entwickelten Open-Source-Bibliotheken und -Anwendungen, die auf GitHub verfügbar sind, können Entwickler zum Design professioneller Systeme nutzen.

Die einfache Implementierung offener Systeme bedeutet, dass es ebenso andere, originelle Anwendungen gibt, bei denen Raspberry-Pi-basierte Systeme zum Einsatz kommen können. Applikationen wie die vollständig integrierte Steuerung aller Kern- und Zusatzfunktionen in Schiffen, wie das von Sfera Labs mitentwickelte System bei der Umrüstung und Renovierung der Baltic, eines Schleppers aus dem Jahr 1962, zeigt. Mit der Kombination der Module Strato Pi CM Duo, Iono Pi Max und Exo Sense Pi Multisensor bietet das System eine vollständig integrierte Steuerung von Funktionen. Sie reichen von der Stromverteilung bis zu Tank- und Pumpensteu­erung sowie Navigation, Alarme, Feuer, Beleuchtung, Stabilisatoren, Ladegeräte, Wechselrichter, Batteriebänke und Video.

Heutige Automatisierungs- und Steuerungssysteme für Gewerbe, Indus­trie und Wohngebäude erfordern das Zusammenführen vieler verschiedener Messwerte, einschließlich – aber nicht beschränkt auf – Luftqualität, Umgebungslicht, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, Bewegungserkennung, Lärm, Temperatur und Vibration. Raspberry-Pi-basierte Automatisierungssysteme, die die erforderlichen Sensor- und Steuerungsfunktionen in einer kleinen Anzahl offener, interoperabler Module vereinen, spielen eine immer wichtigere Rolle beim Bereitstellen solcher Funktionen. Zu den Applikationen, wie sie Sfera Labs bereitstellt, gehören das Management von Temperatur und Luftqualität in Gebäuden und einzelnen Räumen, das Erkennen der Gebäudebelegung, das Tracken von Personen und Assets, die Zugangskontrolle sowie die Inte­gration mit industriellen Einrichtungen über den RS-485-Bus.

Literatur [1] Fortune Business Insights: Indus­trial Automation Market Size, Share & COVID-19 Impact Analysis. https://www.fortunebusinessinsights.com/industry-reports/industrial-automation-market-101589. Aufgerufen am 30.08.2022, 15:24.

Ulderico Arcidiaco ist Elektronikingenieur und Unternehmensgründer. Er begann seine berufliche Laufbahn bei einem Beratungsunternehmen. Im Anschluss gründete er zunächst ein In­genieurbüro, das er zum Technologieunternehmen mit 250 Mitarbeitern erweiterte. Heute ist er als CEO und CTO für ein Unternehmen der Haus- und Gebäudeautoma­tion tätig; außerdem ist er seit 2016 CEO und Hardwareentwickler bei Sfera Labs.

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